Dienstag, 30. August 2011

Erste Eindrücke

Am ersten Morgen nach meiner Ankuft wurde ich erstmal von Carlos Gefluche geweckt. Nachdem ich es aufgrund der Lautstärke und Dringlichkeit nicht mehr ignorieren konnte, machte ich widerwillig die Augen auf und sah, dass er eine Tasse an die Tür hielt und sagte: "Ich brauch mal kurz deine Hilfe hier." Er hatte in der Tasse eine ziemlich fette Spinne gefangen und der Anblick des einen noch rausguckenden Beines genügte mir, um ziemlich froh darüber zu sein, dass Tassen normalerweise aus undurchsichtigem Material bestehen.

Der Winter in Südafrika ist zwar nicht so fürchterlich kalt, doch wenn draußen nur 7°C sind und man keinerlei Heizung hat, kann man drinnen bei um die 13°C bibbern. Das klingt jetzt nicht so schlimm, doch Fräulein Wunder weiß auf jeden Fall wovon ich spreche. Da helfen nur X Schichten Wolle und heiße Getränke.

Schnell habe ich festgestellt, dass das Trinkwasser an einigen Tagen braun und an anderen gelb ist. Je dunkler das Wasser, umso besser schmeckt es merkwürdigerweise. Wir benutzen es nur zum Kochen und auch für den Tee. Ansonsten heißt es Wasser schleppen.

In der Festivalwoche war die Stadt voller Leute und es gab überall Marktstände mit den verschiedensten Dingen, Krimskrams, Klamotten, Decken, Spielzeug, Essen. Da es ziemlich viel regnete, hatte ich mir vorgenommen, bei besserem Wetter dort Einkäufe zu machen... Pustekuchen, nach dem Festival waren die Stände weg.

In Grahamstown kann man sich ganz normal bewegen. Auch nach Anbruch der Dunkelheit muss man nicht zu Hause hocken. Wir wohnen ja wohlbehütet im Inneren des Campus und in die Stadt sind es nur 5 Minuten zu Fuß.

Mittlerweile haben wir fast alle Restaurants durch, so klein ist das Angebot hier. Das lässt darauf schließen, dass die Personenschicht, die sich das Essen in Restaurants leisten kann also eher beschränkt ist. Generell finden wir, dass die Preise für Nahrungsmittel, die über die Grundversorgung hinausgehen, recht teuer sind. Kartoffeln, Reis und Bier sind sehr billig (was will man mehr als Deutsche?). Milchprodukte, bestimmtes Gemüse, Pasta und Soya sind teurer oder genauso teuer wie bei uns.

Auf der Straße gibt es einige Bettler. Wie arm die sind, kann ich nicht einschätzen. Außerdem verkaufen vor allem alte Leute Orangen am Straßenrand. Generell gibt es viele arme Leute. Die Arbeitslosigkeit beträgt in Grahamstwon 60%. Das erklärt auch das viele Sicherheitspersonal, das man überall sieht. Einer der Professoren hat uns erzählt, dass bei ihm bereits zweimal eingebrochen wurde. Das erste Mal haben sich die Diebe ersteinmal eine warme Suppe auf dem Herd gekocht. Das zweite Mal haben sie sich Essen aus dem Kühlschrank in die Kleidung gestopft. Danach widmeten sie sich dem Kleiderschrank und haben dann vergessen, das Essen aus ihren Klamotten in die neuen Hosen umzufrachten.
Es ist schon schlimm zu sehen, dass Leute vor dem KFC die bereits abgeknabberten Hähnchenschenkel aus der Mülltonne fischen, um noch Reste abzunagen. Dann gibt es Leute, die vor der Mülldeponie wohnen. Wenn jemand ankommt, um Müll abzuladen, reißen sie demjenigen die Tüten aus den Händen und suchen nach Verwertbarem. Seitdem ich hier bin, habe ich erst einmal etwas Essbares weggeworfen.

Rajasthan






Ein weiteres Highlight war die Tanzvorstellung mit Konzert von einer Gruppe aus Rajasthan. Die Musiker waren allesamt Virtuosen, die irgendwie alle alle Instrumente spielen konnten.

Unter den Tänzerinnen gab es eine richtige Hackordnung. Die beste war gegenüber den anderen Tänzerinnen zickig und warf böse Blicke um sich, wenn die beiden anderen Tänzerinnen ihr in Quere kamen oder ihr die Show stehlen wollten. Als Möchtegern-Tänzerin fand ich das natürlich sehr unprofessionell. Wobei ich anerkennen muss, dass sie richtig gut war. An einem Punkt der Vorstellung hat sie ihre Ringe ausgezogen und diese dann hinterrücks aus der Brücke mit den Augenlidern aufgehoben. (Auf dem zweiten Foto sieht man die Ringe hinter ihr auf dem Boden liegen). Nicht schlecht Madame.
Wozu man mit einem Turm an Töpfen auf ein Tablett steigen muss, erschließt sich mir allerdings nicht. Ok, das Ringeaufheben ist auch nicht unbedingt alltagstauglich.

Glühwein im Juli





Tja... soviel zur Regelmäßigkeit meiner Posts. Ich hinke doch arg hinterher. Dafür habe ich allerdings sehr gute Gründe (neeeein, keine Ausreden). Denn zum einen hatte ich megaviele Aufträge und zum anderen haben wir ein Internetlimit. Wenn wir das überschreiten, wird uns die Leitung gekappt und es ist Sense mit arbeiten. Da mein lieber neuer Computer ungefragt eine 500 MB Aktualisierung heruntergeladen hat, mussten wir sparen.

In der ersten Woche nach meiner Ankunft hatten wir noch Gäste. Die IASPM Konferenz war noch zu Gange und somit war die Stadt voller Musikologen, von denen wir mehrere bei uns aufgenommen haben.

Außerdem hatte das Art Festival gerade angefangen. Bereits am ersten Abend waren wir zu einem Konzert und da wir noch auf die Karten warten mussten und es so richtig kalt war, habe ich meine ersten Rand in Südafrika für einen Glühwein ausgegeben. Geschrieben wird er Gluewein, Kleber war aber keiner drin. Wer hat schon mal Glühwein im Juli getrunken?
Das Konzert war richtig Klasse. Gespielt haben Soweto Kinch und Bokani Dyer. Soweto Kinch ist für sein Hip Hop Album "The War in a Rack" bekannt. Der Titel ist ein Protest dagegen, dass er immer unter Jazz geführt wird. Er meint, das liege daran, dass er Saxophon spiele. Sax = Jazz
Das Konzert hat also den Hip Hopper und Rapper Soweto Kinch, mit dem Jazzpiano von Bokani Dyer vereint. Als I-Tüpfelchen gab es den Schweizer Andreas Schärer, der eindrucksvolle Stimmakrobatik ablieferte.